Um Anafi zu besuchen, brauchst du unter Umständen einen starken Willen, Durchhaltevermögen und ein kleines bisschen Glück. Die Insel macht es seinen Besuchern nicht immer leicht, sie zu erreichen. Wenn du es aber geschafft hast, bist du im wahrsten Sinne des Wortes angekommen.
Die Sehnsucht nach dem besonderen Licht
2012 waren wir zum ersten Mal auf Anafi. 2015 passten die Fährpläne leider nicht mit unserer Route zusammen und so konnten wir die kleine Insel nicht besuchen. Diesmal sollte es ein Fixpunkt sein auf unserer Reise, denn die Sehnsucht nach der kleinen, ruhigen Insel mit dem besonderen Licht war riesengroß.
Die Anreise nach Anafi – ein kleines Abenteuer
Laut Fährplan gab es Ende August nur zwei Mal pro Woche die Möglichkeit von Santorin nach Anafi zu fahren. Montag und Mittwoch um 1:30 in der Nacht. Das war nicht besonders angenehm, vor allem in Anbetracht dessen, dass der Hafen Athinios abseits jeglicher Infrastruktur liegt und um diese Uhrzeit vermutlich keines der Hafencafès geöffnet ist.
So entschieden mein Mann Hannes und ich, die ersten Tage unserer Reise in Antiparos zu verbringen und mit der Blue Star Fähre “Patmos” um 23:00 von Paros wegzufahren. Bei einer Fahrt von etwa 4,5 Stunden zahlt es sich aus, am Schiff ein kleines Schläfchen zu machen. Unsere Ankunftszeit auf der Insel Anafi war um 3:30 in der Früh vorgesehen.
Gemütiche Atmosphäre mit kurzer Dauer
Wir hatten Glück, eines der tollen Sofas zu bekommen und machten es uns gemütlich auf der noch recht neuen, modernen Fähre. Ich war schon so aufgeregt bald wieder in Anafi anzukommen. Schon bei dem Gedanken daran, spürte ich das Gefühl der unbeschreiblichen Ruhe und Gelassenheit, die ich auf dieser kleinen Insel erfahren habe.
Wir schliefen ein wenig. Die Bordansage, dass wir bald auf der Insel Ios ankommen würden, riss mich um 1:30 morgens, plötzlich aus meinen schönen Träumen. Und dann geschah’ es: eine große, laute Erschütterung, Flaschen flogen aus der Bar und zerschellten klirrend auf dem Boden, Stille, fragende Blicke und dann Aufregung, was jetzt passiert war.
Erkenntnisse in der Dunkelheit der Nacht
Vom obersten Deck des Schiffes sahen wir sehr rasch was geschehen war. Die Blue Star Fähre war auf Grund gelaufen und steckte auf einigen kleinen Felsen unter der Meeresoberfläche fest. Tausende Gedanken schossen durch meinen Kopf und ein paar Minuten später besprachen Hannes und ich alle vorstellbaren Varianten der Rettungsmöglichkeiten durch. Das Schiff steckte auf dem Felsen fest und sank dadurch nicht – das war ein riesengroßes Glück.
Nach etwa 2-3 Stunden Wartezeit, Ungewissheit und mehrmaligem Umpacken unseres kurzfristig definierten Prio 1, 2 und 3 Gepäckes, gelang dem Bordpersonal letztlich die Evakuierung aller Passagiere. Eine Sea Jet Fähre, die zu Hilfe kam, konnte nach einigen Versuchen schließlich anlegen und brachte alle Personen wohlbehalten in den Hafen von Ios.
Das große Glück liegt in den kleinen Dingen
Wir waren zum Glück wie immer mit unseren Rucksäcken unterwegs. Diese mussten wir nicht im Gepäckraum der Fähre verstauen, so hatten wir sie die ganze Zeit bei uns. In dieser Situation war das ein großer Vorteil, denn wir konnten mit unserem gesamten Gepäck weiterreisen. Die Bergung der Fähre dauerte etwa eine Woche, inklusive aller Fahrzeuge und der Gepäcksstücke, die auf ihr verstaut waren.
Schwarzes Gold und neue Pläne
Für die Klärung und Organisation der Weiterreise nach Anafi war ein mehrstündiger Zwischenaufenthalt in Ios und Santorin erforderlich. Wir waren todmüde und genossen unseren Kaffee diesmal ganz besonders, mit dem Bewusstsein, dass zum Glück alles gut ausgegangen ist. Mit dem Genuss des “schwarzen Goldes” fiel die Anspannung rasch ab und die Freude, Anafi bald zu erreichen, war schnell wieder präsent.
Nach einer weiteren etwas turbulenten Überfahrt mit dem kleinen Ersatzboot “Prestige” kamen wir schließlich mit acht Stunden Verspätung, aber überglücklich, im Hafen Agios Nikolaos auf Anafi an.
Unser erster Blick ging gleich hoch hinauf zum Hauptort der Insel, der Chora. Mit ihren weißen Häusern, auf der Spitze des großen braunen Felsen in der Ägäis, strahlte sie uns an und schien zu flüstern:
“wird auch Zeit, dass ihr da seid, wo wart ihr denn so lange?”
Über die wunderbaren Tage in Anafi, unsere Erlebnisse, über das besondere Licht und die magischen Farben erzähle ich euch in Kürze.
Boa – DAS ist natürlich ein unerwartetes Abenteuer gewesen für euch! Gut, dass alles gut ausging und ihr dann doch heil weiterreisen konntet und die gemeinsame Zeit genießen konntet! <3
Autor
Ja, das war ganz schön aufregend Kerstin. Da wir sowas erstmalig erlebt haben, sind uns viele Dinge durch den Kopf gegangen, über die wir davor noch nie nachgedacht hatten. Wir haben viel gelernt und seither packen wir bei Schiffsreisen nach einer ganz neuen Strategie. ❤️